Im Laufe der mythologischen und religiösen Geschichte der Menschheit war das Thema
Dämonenabwehr stets ein zentraler Punkt im Glauben, in Riten und in der Psyche des
Einzelnen.
Da in vielen Kulturen Dämonen in erster Linie als böse und dem Menschen schadbringend betrachtet wurden,
wurden den Abwehrmaßnahmen gegen diese Bedrohungen ein Hauptaugenmerk gewidmet.
Sie teilten sich in zwei große Bereiche ein:
Apotropäisch
Maßnahmen und Mittel gegen die Bedrängung durch Dämonen bzw. gegen die
mit dieser Bedrängung verbundenen Schadensmittel von Dämonen und
Kathartisch
Maßnahmen und Mittel die zum Einsatz kommen, falls es nicht gelungen ist Dämonen
beim Eindringen in Menschen abzuwehren bzw. die Verunreinigungen durch Dämonen bereits erfolgt sind.
Letztendlich also dazu, um sie wieder auszutreiben und ihre Spuren zu tilgen.
Von historisch höchstem Interesse ist dabei eine Tatsache, die in aller Deutlichkeit hervordringt.
Egal welche Kulturen zu welchen Zeiten und an welchen Orten - die Mittel zur Abwehr oder Vertreibung von Dämonen ähneln
sich in Gedanken und Verhaltensweisen von frühgeschichtlichen Völkern bis heute fast bis ins Detail.
1. Dämonenbann durch Augen und Fratzen
Eine der ältesten Formen der Dämonenabwehr ist die Herstellung von Ess- und Trinkgefässen, die mit großen Augen
verziert wurden um so Dämonen zu erschrecken bzw. sie auf Distanz zu halten.
Zum Teil wurden Raubtiere mit starrenden Augen abgebildet (Südamerika) oder wie im asiatischen Raum das Kochgeschirr mit vielen Augen rundherum dekoriert.
Man wollte damit die Verunreinigung der Speisen verhindern.
(Gefäss der Mochekultur
-
Südamerika)
Auch an kirchlichen Bauten wurden Fresken mit Augen angebracht oder man setzte Wächterfiguren mit furchterregendem Gebißen
z.B. an die Eingänge zu Friedhöfen um die Ruhe der Toten zu sichern.
2. Drohgebärden und Abwehr durch Waffen
Gesten die dazu da waren den Gegner einzuschüchtern finden man nicht nur im Tierreich, sondern auch bei Menschen.
Nicht zuletzt wurden viele davon verwendet um sich Dämonen vom Leib zu halten.
Drohen kann man sehr gut mit Waffen, also wurden viele kirchliche Figuren mit Waffen ausgerüstet und auf zahlreichen Bildern halten Heilige und Menschen
Speere, Schwerter und Keulen in den Händen.
(Fresko im Chor von St. Martin - Bozen)
Doch auch allein mit der Geste der erhobenen Hände sollten böse Geister abgewehrt werden. So
wurden in
Ägypten den Toten zum Schutz Nachbildungen von Armen und Händen ins Grab gelegt. In Europa war es bei vielen
Völkern üblich, dass Menschen die einem Leichenzug begegnen den Zeige- und Mittelfinger ausstrecken und somit versuchen die Dämonen,
die hilflose Tote bedrängen einzuschüchtern.
(Maria mit Kind - Brixen)
3. Bestien zur Dämonenbekämpfung
Eines der am meisten verbreitesten Mittel zur Dämonenabwehr ist das 'Aufstellen' von Bestien.
Je schrecklicher sie anzusehen waren, desto mehr nahm man an, dass sich Dämonen vor diesen
steinernen Kontrahenten fürchteten.
An nahezu jeder Kirche des Mittelalters kann der betrachter diese Wesen
erkennen.
Auch Schlangen wurden häufig für die Dämonenabwehr eingesetzt und in drohender Haltung auf Gefäßen und Reliefen dargestellt.
(Sir-Dar-Moschee - Samarkand)
4. Dämonenabwehr mit Missgestalten
Frühere Forschergruppen waren verwundert über die Vielzahl an Statuen die deformierte Gestalten darstellten. Erst die neuere Forschung ist
sich sicher, dass z.B. in Süd-und Mittelamerika gefundene Exemplare eindeutig zur Abschreckung von Dämonen hergestellt wurden.
Der Anblick der 'Missgeburten' sollte den Dämonen signalisieren, dass es hier gefährlich ist für sie.
(Colimakultur - Mexico)
Auch in der christlichen Historie findet man solche Objekte zuhauf.
Figuren die entweder deformiert oder eindeutig mit schwerer Krankheit gezeichnet waren wie der berühmte Pestchristus
in Damüls.
(Pestchristus)
5. Abschreckung durch Nacktheit
Schon im antiken Griechenland erzählt Plutarch, dass sich die lykischen frauen vor den herannahenden Fluten des Poseidon, die dieser gesendet hatte um Lykien zu überschwemmen,
entblößten und dadurch die Wogen aus Scham zurückwichen.
Auch von den Römern ist es überliefert, dass nackte menstruirende Frauen erfolgreich
unwetterbringende Dämonen vertrieben.
In Mittelamerikanischen Kulturen, vorallem Mexico wurden die Versammlungshäuser von Männern mit nackten Frauenfiguren bestückt um so dämonische Einflüsse abzuhalten.
(Figur - Zentralmexico)
Die Abschreckung durch die Darstellung weiblicher Brüste oder Geschlechtsorgane trat auch in Kombination auf mit Schlangenabbildungen, die die Wirkung noch verstärken sollten.
Doch auch phallische Symbole wurden dafür verwendet, wie z.B. in Japan als Stele um Wege und Straßen vor Dämonen zu beschützen.
(Stele - Tokio)
6. Abschreckung durch Geschrei
Da man Dämonen für lautempfindlich hielt wurde der Abschreckung durch Wehklagen und Geschrei eine große Bedeutung zugeschrieben.
So war es bei vielen Völkern in Nordafrika üblich bei Begräbniszeremonien das allgemeine Wehklagen der Trauergäste durch spitze schrille Schrei zu unterbrechen um so eventuell lauernde Dämonen zu vertreiben.
Nicht wenige Historiker und Ethnologen glauben sogar, dass die im Mittelalter zum
Teil bei Feierlichkeiten stattfindeten Katzenquälereien bzw. Katzenverbrennungen demselben Zweck gedient haben könnten, nämlich
durch die Schreie der so gepeingten Tiere Dämonen zu vertrieben.
(Fresko - Trient)
Natürlich kam hier auch Glocken eine Bedeutumng zu, deren lautes Gebimmel ebenfalls einen abschreckenden Charakter hat.
7. Abschreckung durch Knoten
Knotengebilde bzw. Knotenschnüre waren in vielen Kulturen eine bewährtes Mittel zum Schutz vor Dämonen.
Von den Kultknoten-Amuletten in der kretisch-mykenischen Kultur bis zu versch. Darstellung des Bodhisattva
dessen Knotengebilde am Arm fast identisch aussieht wie der Beinknoten eines Tänzers auf einem Relief in Innsbruck's goldenem Dacherl - alle dies Knoten hatten den Zweck sich auf diese Weise
magisch vor dämonischen Einflüssen zu schützen.
Gebäde bzw. deren Sälen waren oftmals mit kunstvollen Knotengebilden verziert um so Dämonen den Einlass zu verwähren.
(Romanische Kirchensäule)